Eine dieser Einrichtungen stellt das Dresdner „Entbindungslager Kiesgrube“ am Hammerweg dar. In bis dahin als Materiallager genutzten einfachen Baracken der Firma Zeiss-Ikon wurde im November 1942 das sogenannte „Judenlager Hellerberg“ eingerichtet. Nach der Deportation der letzten Dresdner Juden im März 1943 in die Vernichtungslager, wurde mit der „Umnutzung“ des Lagers als Entbindungslager begonnen. Die Verwaltung lag auch hier in den Händen der Deutschen Arbeitsfront. Von Mai 1943 bis Kriegsende wurden mindestens 497 Kinder im Lager geboren. Aber auch Frauen, die in den umgebenden Landreisen arbeiteten und hier entbunden hatten, wurden gezwungen, ihre Kinder in diese Lager zu geben, wo viele von ihnen nach kurzer Zeit starben. Für 225 Kinder kann der Tod im Entbindungslager Kiesgrube nachgewiesen werden. Für weitere Kinder von Zwangsarbeiterinnen liegen Hinweise auf den Tod aufgrund mangelhafter Lebensbedingungen in anderen Lagern vor.
Der Tod der Säuglinge wurde standesamtlich bestätigt und die Bestattung nahm vor allem die Verwaltung des nahe gelegenen St.-Pauli-Friedhofes, in einigen Fällen auch des Johannisfriedhofes und des Matthäusfriedhofes vor. Ob und wann die Eltern vom Tod ihres Kindes erfuhren, ist bisher unbekannt. Die meisten Mütter der hier verstorbenen Kinder waren in der Landwirtschaft umliegender Gemeinden, in Dresdner Privathaushalten und Wirtschaftsunternehmen, wie der Firma Zeiss-Ikon zwangsbeschäftigt.
(Hierzu ausführlicher: Dube-Wnęk, Annika: Strukturelle Gewalt im nationalsozialistischen Gesellschaftssystem am Beispiel der Ausländerkinder-Pflegestätten und der Forschungsergebnisse für das „Entbindungslager Kiesgrube“ in Dresden, Bachelorarbeit an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit Dresden (FH) im Dezember 2011; Vögel, Bernhild: „Entbindungsheim für Ostarbeiterinnen“ Braunschweig, Broitzemer Str. 200, Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, Hamburg 1989, pdf-Ausgabe 2005.)